Fleisch fasziniert und berührt mich in vielfältiger Hinsicht.
Es steht für mich für Kindheitserinnerungen, das Essen von früher, aber auch für Schlachtszenen die ich damals beobachtet habe. Das hatte für mich immer etwas Archaisches und nährte das Bewusstsein, Teil der Natur zu sein. Ich träumte davon, zu jagen und das Fleisch über dem offenen Feuer zu braten. Mit den Fleischbildern möchte ich aber auch die Realität zeigen, das was viele Menschen, die Fleisch essen, nicht wahr haben wollen. Denn Ehrlichkeit ist für mich ein hohes Gut. Der Tod der Tiere ist heutzutage nämlich in die Schlachthäuser verbannt worden. Die Bilder verstehe ich nicht im Sinne von pro oder contra Fleisch. Denn Kunst kann meiner Meinung nach nur indirekt politisch wirken. Eine Agenda würde die Sicht und die Wahrnehmung der Bilder einengen. Mit den Fleischbildern mache ich den Betrachtern ein Wahrnehmungsangebot und gebe ihnen die Möglichkeit, ihre eigenen Erfahrungen mit einzubringen und das Thema freier und weiter zu deuten. Durch die Abwesenheit der Farbe möchte ich eine Distanz schaffen und es den Rezipienten ermöglichen, sich der Substanz wertungsfrei ganz neu anzunähern. Klar ist, dass der Gegenstand an sich polarisiert und vielleicht auch irritiert. Dies kann aber wiederum Anstoß für eine Beschäftigung damit sein. Ein weiterer Grund, Fleisch zu malen ist, ein Statement gegen den militanten Veganismus zu setzen. Denn ich bin dagegen, Dinge völlig auszuschließen und zu moralisieren. Weiterhin bin ich der Renaissance sehr verhaftet, wo sehr viel bei gewissen Anlässen aufgetischt wurde, wozu auch Fleisch in allen Variationen gehörte. Die Vielfalt und Üppigkeit der Essenstafeln finde ich bis heute faszinierend. Dass Fleisch sehr in unserer Kultur verortet zu sein scheint, heißt auch, dass das Gewebe wieder mehr wertgeschätzt werden sollte.
Andre Kern, Februar 2025